(c) Klaus Marion 2001
erschienen in Initiativ
Sie sind seit neuerdings in leitender
Tätigkeit beschäftigt? Sie haben sich kürzlich selbständig gemacht?? Dann
werden Sie bald mit einer unangenehmen Situation konfrontiert, die Sie aus
diesem Blickwinkel bisher noch nicht kennengelernt haben: dem Gehaltsgespräch.
In großen Firmen ein jährliches Muss, mehrt sich die Zahl der Angestellten,
die in regelmäßigen Abständen eine Diskussion über ihr Monatssalär führen
wollen. Wer hier als Arbeitgeber unvorbereitet in ein solches Gespräch geht,
muss fürchten, sich in kürzester Zeit am Bettelstab wiederzufinden. Doch nur
Mut! Blicken Sie sich um, wie erfolgreiche Arbeitgeber auf ganz unterschiedliche
Art und Weise dieses Problem lösen. Um hier dem zweifelnden Anfänger einen
Leitfaden an die Hand zu geben, haben wir die wichtigsten Arbeitgebertypen mit
Ihren Methoden zusammengestellt.
Der Patriarch
Der Firmenpatriarch sieht sich als strenge, aber gütige Vaterfigur für
seine Mitarbeiter. Gespräche über Lohnerhöhungen werden von ihm als die
übermütigen Grillen seiner jugendlich/ungestümen Mündel betrachtet. Bitten
um Aufbesserungen werden mit interessierten Fragen nach Lebenswandel,
regelmäßigem Kirchgang sowie Stirnrunzeln über die Anzahl der laufenden
Kredite beantwortet. Er tendiert dazu, den ausschweifenden Lebenswandel seiner
Mitarbeiter als Charakterfehler zu entschuldigen und den regelmäßigen Trost im
Gebet zu empfehlen. Freche Versuche des Mitarbeiters, auf seine vielen sozialen
und ehrenamtlichen Engagements hinzuweisen, sowie der Hinweise auf dessen Arbeit
für Pfadfindergruppen, gestrauchelte Jugendliche und der Heilsarmee kontert der
Patriarch mit einigen Bibelzitaten sowie einem festen Händedruck. Erhöhungen
wird er keine geben.
Der knallharte Kostensparer
Er hat ein Aufbaustudium auf der Harvard Business-School absolviert und
betätigt sich hobbymäßig als amtlich eingesetzter Konkursverwalter. Er wird
zu Beginn des Gespräches darauf hinweisen, dass er den Wunsch nach einer
Gehaltserhöhung rein geschäftsmäßig sehe, und es also reiner Zufall sei,
dass der Arbeitsplatz des Antragstellers in diesem Jahr leider wegrationalisiert
werden müsse. Den Rest der Unterhaltung verbringt der Angestellte panisch
damit, um seine Weiterbeschäftigung zu feilschen und ist am Schluss froh, dass
es bei einem freiwilligen Lohnverzicht von 20% geblieben ist, auch wenn Urlaubs-
und Weihnachtsgeld für die Zukunft leider gestrichen werden.
Zu einem Gespräch über die von ihm gewünschte Lohnerhöhung ist es dabei
irgendwie nicht mehr gekommen.
Der Verständige
Ein ganz Raffinierter. Er beginnt die Unterhaltung mit Fragen nach Frau und
Kind, erkundigt sich nach den Lernschwierigkeiten der Tochter in der Schule und
zeigt Interesse am Wohlergehen des erst kürzlich angeschafften Hundes.
Andeutungen über die Notwendigkeit von erhöhten monatlichen Zuflüssen wird er
zustimmend nickend zur Kenntnis nehmen, um im Anschluss die Probleme der Firma
im Ertragsbereich und den hohen Kostendruck im Allgemeinen zu schildern. Er
schaut dem Mitarbeiter tief in die Augen und erklärt, wie unverzichtbar gerade
er für das weitere Unternehmenswohl ist, und dass er gar nicht weiß, wie er
diese Schuld, in der die Firma und die anderen Mitarbeiter ihm gegenüber stehen
würden, abtragen solle. Und sobald die Ertragslage sich bessern würde, wäre
er sicherlich der erste, dessen Gehalt auch bei einer Erhöhung mit
berücksichtigt würde. Dann gibt er ihm einen Kau-Knochen für den Hund sowie
die besten Wünsche für die Einschulung des Sohnes mit auf den Weg. Der
Mitarbeiter wird so gerührt sein, dass er seinen Gehaltswunsch einfach
vergisst.
Der psychologisch Geschulte
Hat alle Schulungen für Firmenpsychologie besucht und hält Vorträge über
die optimale Farbgebung von Mitarbeiterbüros. Macht sein Gegenüber total
nervös, in dem er alle Bemerkungen auf sexuelle Freudsche Untertöne abklopft
und sich bei der Erläuterung der Finanzwünsche stirnrunzelnd Notizen auf einer
einem Krankenblatt nachempfundenen Karteikarte macht. Er wird sich unauffällig
nach der Kindheit erkundigen und dem Mitarbeiter den Besuch einer
Gruppentherapie gegen exzessive Verschwendungssucht nahe legen. Im Verlauf des
Gespräches kommt er zum Schluss, dass die Farbgebung Ihres Büros geändert
werden muss, und dass eine Supervision mit den anderen Kollegen eine sinnvolle
Sache wäre, und er den Mitarbeiter für eine Urschreitherapie anmelden möchte.
Der Mitarbeiter wird voller Schrecken das Weite suchen, ohne noch einmal auf
seine finanziellen Forderungen zurückzukommen.
Der Redner
Kontert alle Wünsche auf Anpassung des Gehalts mit langatmigen
Erläuterungen und Stegreifreden im Stundenbereich. Redet so lange, bis auch der
frechste Mitarbeiter erschöpft auf eine Ende des Redeschwalls zu hoffen
beginnt. Sollte ihm die Themen ausgehen, so beginnt er mit der Floskel
'...möchte ich noch einmal zusammenfassen' wieder von vorne. Macht auch den
härtesten Frager so lange mürbe, bis dieser erleichtert das Weite sucht.
Der grüne Ökounternehmer
Betont im Gehaltsgespräch die Verantwortung des Einzelnen für die Umwelt
und nachfolgende Generationen, wobei er die negativen Folgen des allgemeinen
Konsumrausches referiert. Hartnäckige Gehaltserhöhungsforderungen kontert er
mit Gegenfragen nach dem Grund des Besitzes eines die Ozonschicht schädigenden
Automobils. Hilft dies alles nichts, beruft er im Anschluss eine
Mitarbeiterkonferenz ein, bei der er den Grund für die Gehaltserhöhung zur
Diskussion stellt und durchblicken lässt, dass eine Erhöhung für den
Mitarbeiter die zur Verfügung stehende Lohnsumme für alle anderen reduziert.
Die nachfolgende Diskussion überstehen nur sehr robuste Nachfrager ohne
definitive Selbstmordabsichten.
Der amerikanische Manager.
Er beantwortet Ihre Anfrage einfach mit einem lächelnden "No" und
beendet das Gespräch.
Mit Hilfe dieser Hinweise werden Sie es schaffen,
aus jeder Gehaltdiskussion als Sieger hervorzugehen.
Sollten Sie sich allerdings mit keinem dieser Methoden identifizieren können,
so bleibt Ihnen natürlich auch noch die Möglichkeit, dem Erhöhungswunsch
nachzugeben.
Aber das ist nur etwas für absolute Anfänger.
Last updated 05.05.01