(c) Klaus Marion 2001
erschienen in VorSicht
In früheren Zeiten war alles noch ganz einfach. Auf die Frage nach einem
Hamburger musterten einen die blutunterlaufenen Augen des Frittenbudenbraters,
während er ein "mitn Käse, eih?" aus den Tiefen seines
Sprachschatzes hervorquetschte.
Hamburger bedeutete Hamburger.
Das Auftauchen des Phänomens Mac Donalds änderte daran nichts wesentliches.
Zwar wurde der Fishburger zu einem Fisch-Mac, und "der kleine Hamburger
ohne alles" mutierte sprachlich zu einem Big-Mac, aber irgendwie waren
diese Bezeichnungen doch soweit klar, dass man auch ohne linguistische
Fachkenntnisse zum Verzehr seiner Pommes Frites schreiten konnte.
Nun, inzwischen sind leider alle Kombinationen von Mac, Burg und Ham schon
irgendwie markenrechtlich geschützt. Gar nicht so einfach, da sprachlich noch
eine Lücke zu finden...
Der Auftrag meiner Frau war klar: "Besorge uns doch mal ein paar
Hamburger. Und Pommes und Salat. Hier habe ich es Dir aufgeschrieben."
In unregelmäßigen Abständen packt uns ein merkwürdiger Heißhunger auf
derartige Schnellimbissgenüsse, was meist damit endet, dass ich mich in einer
verdeckten Nacht-und-Nebel-Aktion in das hiesige MacDonalds-Lokal schleiche,
wobei ich Möglichkeit vermeide, von einem Nachbar bei derartig kulturlosen
Einkäufen erspäht zu werden.
Da die Suche nach einem Parkplatz an diesem Ort nicht immer ganz einfach zu
lösen ist, hatte ich mich dieses Mal entschlossen, bei einem neu eröffneten
Konkurrenzunternehmen die benötigten abendlichen Grundnahrungsmittel zu ordern.
Allein schon der kulinarischen Abwechslung wegen.
Ich betrat die gastliche Stätte. Am Tresen wurde ich von einem Mitarbeiter an
der Kasse erwartet.
"Sie wünschen?"
Ich starrte ratlos auf eine Tafel in der Größe einer durchschnittlichen
Ergebnisanzeige eines Fussballstadions. Glücklicher Weise erinnerte ich mich an
meinen mitgebrachten Spickzettel.
"Nuun, ich hätte da mal gerne 3 Hamburger..."
"Haben wir nicht!"
Zugegebenermaßen war dies kein sehr erfolgreicher Beginn unserer
Geschäftsbeziehung. Ich war verwirrt.
"Ja, aber was ist dann das?" Ich deutete auf ein Objekt am
Nachbarschalter, das eine unbestreitbare Ähnlichkeit mit dem von mir
gewünschten Nahrungsmittel besaß.
"Das ist ein Wombi!"
"Aha. Nun, dann hätte ich 3 Wombis, 2 Cheesburger..."
"Haben wir nicht"
"Wombi mit Käse?"
"Nein."
Meine Gesichtsfarbe musste sich leicht ins rötliche verschoben haben, denn ein
adretter junger Mann mit Krawatte trat eilends an die Kasse.
"Schönen guten Tag. Ich bin hier der Manager dieser Wombi-Filiale. Ich
glaube, Sie wünschen einen Cheese-Wombi. Wissen Sie," er versuchte
eilends, einer Reaktion von mir zuvorzukommen, "wir verkaufen keinen
einfachen Hamburger. Unser Wombi ist markenrechtlich geschützt, und es ist das
Anliegen der Wombi-Kette, diesen Begriff mit dem eines... eines... Hamburgers
fest zu verknüpfen. Kunden sollen beim Anblick eines derartigen Objekts
automatisch an Wombi denken. Entschuldigen Sie, aber die Angestellten haben
strikte Anweisung, diesen Begriff nicht in den Mund zu nehmen."
"Nun gut, wie nennt sich dann ein Salat?"
"Salat. Wollen Sie ihn mit Wombi-Island-Soße, oder Wombi-Joghurt-Dressing?"
"Joghurt. Und dazu 3 Big Macs äh..."
Sein Gesicht hatte sich wieder schmerzhaft verzogen.
"Tut mir leid, das von Ihnen genannte Objekt existiert gemäß meines
Arbeitsvertrages nicht. Würde es existieren, und ich würde seinen Namen in den
Mund nehmen, bekäme ich großen Ärger mit den Firmen, die die Inhaber der
Markenrechte sind. Millionenklagen kämen da ins Rollen. Und man würde mich
feuern." Er zögerte.
"Ohne hier einen Vergleich anstellen zu wollen: Sie meinen möglicherweise
das Super-Wombi-Deluxe-Menü XL?"
"Ist dass denn ein großer äh Wombi?"
"Mehr als das. Er besteht aus einem Super-Wombi-Deluxe-XL mit Wombi-Käse,
Wombi-Gurke, Wombetchup, dazu die unvergleichlichen Wombinetten mit Wombi-Soße,
einer Wombi-Cola sowie einem Gutschein für ein Soft-Wombira als
Nachtisch."
"Wombinetten?"
"Ja, das sind frittierte Kartoffeln, in längliche Streifen geschnitten,
knusprig Braun..."
"Ach, Pommes?"
"Um Gottes Willen, nicht so laut! Denken Sie an meinen Arbeitsvertrag.
Vielleicht genügt es, dass ich andeute, dass eine Ähnlichkeit dabei nicht
undenkbar wäre."
"Hm. Kann ich denn diese Super-Wombi-Dinger auch ohne Menü bekommen?"
"Das ist schwierig. Der Super-Wombi-Deluxe-XL ist leider nur in dieser
Zusammenstellung möglich. Aufgrund der Angebotswochen könnte ich Ihnen aber
anbieten, die Wombinetten gegen einen kleinen Hot-Chili-Wombi aus dem
Salza-Doppel-Wombi-Menü zu nehmen. Sie müssten jedoch dann 3 Schuppen-Wombis
aus dem Fisch-Angebot nehmen, damit wir in der Menü-Summe wieder
zurechtkommen."
"Schuppen-Wombis?"
"Ja. 3. Oder 2? Hermann, gehört der SchuppenWombi ins Wombi-Fisch-Menu?"
"Nein, da ist doch der Wombura mit viel Zwiebeln und zwei Lagen Wombihack
drin?"
"Das könnte auch sein. Ich würde sagen, Sie nehmen 3
Wombi-Doppeletten-Menüs super extra. Dazu bekommen Sie noch jeweils eine
Wombi-Cola 0,5 zusätzlich. Der Aufpreis beträgt dann nur 0,60 DM pro Menü.
Na, was sagen Sie?"
Ich nickte langsam.
"Und noch zwei Juniortüten für die Kinder..."
Ich starrte in zwei markenrechtlich entsetzt aufgerissene Augen. Die Stimme war
nur ein Flüstern.
"Das...kenne ich nicht. Das gibt es nicht."
"Wombini-Menü"
"Jaaa! Ein Super-extra Wombini-Menü, mit Wombinetten oder Gackerwombis,
und einem kleinen Wombi-Getränk nach Wahl. Und jetzt raten Sie mal ,was es zu
jedem Menü als Figur gratis dazu gibt...?"
"Eine Wombi-Figur?"
"Ach, Sie kennen sie schon? Wollen Sie die Gackerwombis als 6er oder als
9er Supergackerwombis mit 2 Wombisoßen nach Wahl? Sollen wirs in eine
Wombi-Tüte einpacken?"
Ich nahm wortlos den Wombi und warf ihn nach dem Manager.
Ich hatte gut gezielt. Ich erwischte ihn voll am Wombi.
Klaus Marion
Last updated 29.12.01