Aus BEAM 8 spezial
© Klaus Marion April 1988
Zu den wenigen Dingen, die einem Lohnschreiber aus dem Bereich der Science Fiction seine miserable Bezahlung etwas ausgleichen können, ist die leuchtende Bewunderung in den Augen ihrer Fans. Wohl keine andere Gruppe von Autoren hat einen derartige Ego-fördernde Schar von echten Bewunderern, die ihrem Objekt der Anbetung dies bei jeder bietenden Gelegenheit dies beweisen wollen. Leider zeigt es sich, daß derartige Anbetung auch ermüdend sein kann. Und ob meine stundenlangen Diskussionen mit Perry Rhodan-Autoren auf verschiedenen Fan-Treffen denen genauso viel Spaß gemacht habt wir mir, vermag ich inzwischen nicht mehr ganz so bestimmt zu sagen... Früher Morgen. Dunkelheit. Nebel treibt durch die Straßen, Schatten scheinen, unwirklichen Tänzerinnen gleich, pittoreske Figuren in der Stille zu drehen.
Auf nach Rastatt.
Die Verhandlungen verlaufen kurz und schmerzlich. Auf die Frage an den Cheflektor, ob er
mehr Feuer in die Handlungen legen solle, wird ihm beschieden, mehr Handlungen ins Feuer
zu legen. Platenberg bricht das eine unerfreuliche Wendung nehmende Gespräch ab und geht.
Die Vollversammlung junger Autoren Bremen-Süd wartet schon auf ihn. Mit stehenden
Ovationen wird er empfangen. Franz weiß gar nicht, worum es in der Podiumsdiskussion
eigentlich geht, an der er hier teilzunehmen hat. Es wird ihm auch in den folgenden
Stunden nicht klar, doch hat dies keine größeren nachteiligen Folgen. Die anschließende
Dichterlesung seines neuesten Stücks 'Magerita von Euklida'- weitet sich hingegen zu
einem durchschlagenden Erfolg aus, obwohl er irrtümlich das Manuskript
durcheinandergebracht hat und ab Seite 5 aus einem gänzlich anderen Roman rezitiert. Es
scheint keinem aufzufallen.
Der Schlag Kartoffelsalat, den er in der Pause herunter schlingt und der unter dem Namen
'Neptun-Salat' angeboten wurde, war anscheinend verdorben. Rolf Platenberg erbricht sich
unauffällig in einen herumstehenden Umdrucker.
Es ist Nacht geworden, nach zweistündigem signieren vollführt seine Hand nur noch
hilflos zuckende Bewegungen. Versuchsweise signiert er links, dann mit der Nase, dann mit
einem anderen Namen. Es fällt niemandem auf.
Kurz nach Mitternacht wankt er erschöpft zum Ausgang. In einem dunklen Seitenflur wird er
brutal von hinten gepackt und in ein Zimmer geschleppt. Er stöhnt:
"Nein,...nein ... ich ... gebe kein ... Interview ... AAH"
Brutale Schläge lassen Rolf Platenberg die Sache noch einmal überdenken.
Stockend, durch die Zahnlücken stark behindert, beginnt er seine Antworten in eine
bereitgehaltenes Mikrofon zu nuscheln. Stunden später ist man fertig und läßt ihn
liegen. Ein bekannter Fan findet ihn dort, ergreift die Gelegenheit und verprügelt Rolf
Platenberg ebenfalls. Rolf hatte nicht auf seine Fan-Post geantwortet.
Im Morgengrauen schleppt sich Platenberg mit letzter Kraft zu einer Brücke und starrt in
die Fluten.
Seitdem wurde er nicht mehr gesehen.
Letzte Änderung - 12.07.98